Die Feldlerche – Vogel des Jahres 2022

Feldlerche – F. Rüeger

Den endlosen Fluss trillernder oder jubilierender Töne der Feldlerche zu hören, das ist im Rafzerfeld in der offenen Kulturlandschaft glücklicherweise noch möglich, wenn auch viel seltener als früher. Wenn man dem Gesang hört, kann man auch das Männchen entdecken, das in immer kleiner werdenden Spiralen steil empor steigt, meist bis in 50 – 100 Meter Höhe. Dann «hängt» es singend mehr oder weniger auf der Stelle. Da es beim Ein- und Ausatmen nicht absetzt, kann es fünf Minuten und länger singen. Steil stürzt sie gegen den Boden, das letzte Stück mit angelegten Flügeln. Kurz über dem Boden entfaltet sie ihre Flügel und fängt den Sturzflug ab. Damit markieren sie das eigene Revier.

Im Sommer werden vor allem Insekten gefressen, aber auch andere Wirbellose wie Spinnen, kleine Schnecken  und Regenwürmer. Im Winter ernähren sich Feldlerchen überwiegend pflanzlich von Samen, Keimlinge, frisch austreibenden Gräsern und kleinen Blättern.

Die Feldlerche bevorzugt weitgehend baum- und strauchlose Flächen. Hohe vertikale Strukturen wie Bäume oder Gebäude meidet sie und hält davon mind. 60 m Abstand. Die bevorzugte Vegetation besteht aus einem kleinflächigen Mosaik von lückigen und dichteren Pflanzenbeständen. Eine zu dichte Pflanzendecke erschwert das Einfliegen in die Vegetation und die Fortbewegung am Boden.

Das Nest wird am Boden versteckt angelegt, bevorzugt in Bereichen mit einer 15 bis 25 cm hohen, grasartigen, locker stehenden Kultur, wie Mäh- und Heuwiesen oder Winter- und Sommergetreide (Vegetationshöhe 15–40 cm, Deckung bis 50 %). Schnell wachsendes, dichtes Getreide wird gemieden. Zweit- und Ersatzbruten werden in Rüben-, Sonnenblumen-, Mais- und Kartoffelfeldern aufgezogen.

Orniplan hat mit vielen Freiwilligen die Bestandsentwicklung der Feldlerche 2008–2017 im Kanton Zürich untersucht. Die noch in den Achtzigerjahren als «unverwüstlicher» Allerweltsvogel bezeichnete Feldlerche hat aber grosse Mühe in der ausgeräumten Intensivlandwirtschaft, wie die Auswertung der Untersuchung beweist.

Von 257 im Jahr 2008 besetzten Landschaftsräumen von ca. 50 ha Grösse waren 2017 noch 104 besetzt, der Revierbestand sank von 493 auf 226 Brutpaare. Setzt sich das negative Wachstum von –8,3%/Jahr in gleichem Umfang fort, wird sich die Population jeweils innert 8 Jahren halbieren. Der Bezirk Bülach war vom Rückgang am schwächsten betroffen. In diesem Bezirk liegen die Feldlerchenvorkommen im Bereich Flughafen Zürich und Rafzerfeld. In allen übrigen Bezirken mit nennenswerten Vorkommen betrug der Rückgang über –50%. Fünf Bezirke, die bereits 2008 nur noch kleinste Bestände aufwiesen, sind inzwischen ohne Brutvorkommen der Feldlerche.

Eine Trendumkehr in der Bestandsentwicklung erscheint nur möglich mit einer weitreichenden Änderung der Massnahmen zur Ökologisierung der Landwirtschaft.

Die Förderung der Feldlerche über Kleinflächen wie z.B. mit Lerchenfenstern, Streifen, Breitsaat, Buntbrachen im Getreide, wird seit einigen Jahren in der Schweiz durch die Produzentenorganisation IP-Suisse umgesetzt (Wildtierfreundlicher Ackerbau). Die Lerchen können dann dort ihre Nester anlegen und werden nicht vom aufwachsenden Getreide bei An- und Abflug behindert. Daher sind zwei bis drei Bruten pro Jahr in diesen Streifen möglich. Positive Auswirkungen konnten im Rahmen einer Diplomarbeit nachgewiesen werden. Diese Massnahmen reichen aber zur Förderung nicht aus. Sie muss mit weiteren Aufwertungsmassnahmen einhergehen.

Dieser Text ist eine Zusammenfassung aus diversen Texten von:
Artenförderung Vögel CH – Orniplan – Vogelwarte Sempach – L. Eggenberger

Massnahmen für Feldlerchen im unteren Rafzerfeld – Foto: L. Eggenberger